Sie hatte ihren Schlüssel zu Hause liegen lassen und Veronique, ihre WG-Mitbewohnerin kam erst in 3 Stunden aus der Uni. Per Whatsapp hatte sie ihr geschrieben, dass sie nun im kleinen Café gegenüber der Universität saß.
Ungeduldig sah sie auf die Uhr, denn eigentlich hatte sie Besseres zu tun, nämlich für die Zwischenprüfung zu lernen, als mittags im Straßencafé herumzulungern und den Passanten der Freiburger Innenstadt dabei zuzusehen, wie sie bummelten. Sie seufzte. Wohl oder Übel musste sie sich in Geduld üben. Das war noch nie deine Stärke, predigte ihr Vater immer, aber das musst du lernen, Julchen, setzte er mit diesem Besserwisser-Blick hinzu. Sie hasste es, wenn er die Verkleinerungsform von Julia wählte, denn dadurch fühlte sie sich automatisch unfähig.
Während Julia sich hektisch durch die burschikos kurz geschnittenen Haare wühlte - eine sinnlose Geste, um sich zu beruhigen - und dabei gleichzeitig in ihrer Uni-Tasche nach einem Buch kramte, spürte sie, dass jemand sie anstarrte. Es war mehr der Hauch eines Gefühls als das wirkliche Bewusstsein, woher der Blick kam. Nervös und vor Wut über sich selbst, suchte sie den Verursacher.
Ihre Augen taxierten den jungen Kerl, der auf dem Mauerrand auf der anderen Seite des Straßencafés saß, die Beine baumeln ließ und amüsiert grinste, als sie ihn entdeckte. Er tippte sich wie zu einem Gruß an die Wollmütze, unter der lange wilde Locken hervorsprangen, gleichwohl so, als wollten sie die Mütze verhöhnen, die es nicht schaffte, diese Haarmenge zu bändigen.
Die Mütze sieht bescheuert aus, dachte Julia und ärgerte sich über das freche offene Flirten des grinsenden Kerls. Er schien wie sie Mitte 20 zu sein, trug Jeans mit Löchern, ein hellblaues Hemd über der schmalen Brust und sah nun ungeniert zu ihr herüber, ohne sie aus den Augen zu lassen. Sein unverhohlenes Interesse an ihr ärgerte sie erneut. Nach einem Flirt im Café stand ihr überhaupt nicht der Sinn. Nun musste sie seinen Blicken wenigstens so lange ausweichen, bis sie den Kaffee leer getrunken hatte, den sie vor 2 Minuten bei der unfreundlichen Bedienung bestellt hatte. Dann konnte sie ja gehen, um ihm zu entkommen. Sie seufzte hörbar.
Der junge Mann schien Gefallen daran zu finden, mit ihr zu flirten und sie zu reizen, denn er legte den Kopf schief, lächelte sie provozierend an, und als sie dies nicht erwiderte, begann er, ihr in Zeichensprache Fragen zu stellen. Er fragte durch Gesten, ob sie müde wäre, und allein, dass sie den Kopf schüttelte, bereitete ihr neuen Verdruss. Er lachte, hob beide Daumen und deute an, dass sie eine wohlgeformte Figur hatte.
Unverschämter Kerl! Was dachte er sich? Wollte er hier auf offener Straße über die Menschenmenge hinweg einen Erotik Flirt in der Öffentlichkeit mit ihr starten? Pah! Da hatte er sich aber geschnitten! Sie drehte bewusst den Kopf weg, als er begann, ihr mit den Händen ein Herz zu formen und in theatralische Gesten ausbrach, als sie - trotz gedrehtem Kopf - zu ihm hinüber schielte. Das wurde ja grotesk, fluchte sie innerlich, nahm ihren Stuhl und drehte ihn so, dass sie jetzt mit dem Rücken zu ihm saß und auf das Café blickte.
Es dauerte keine 2 Minuten, da kam von hinten eine Hand und reichte ihr ein Gänseblümchen. Sie erschrak sich ein wenig gespielt, denn sie hatte insgeheim gegen ihren Willen bereits gelauscht, ob er sich nun nähern würde.
´Hey Miss, du siehst sexy aus´, flüsterte ihr der Fremde ins Ohr. Julia wurde rot. Verlegen nahm sie das Blümchen und wusste nicht, was sie tun sollte. Da zog sich ihr Eroberer einen Stuhl heran und setzte sich direkt neben sie.
´Schöne Aussicht´, grinste er, blickte wie sie in die gleiche Richtung, nahm die Mütze ab, unter der sich das Gewusel an Haaren aus der Mützenenge befreite. Wie sie selbst starrte er auf die Café-Front, die mit Latte Macchiato und Croissants zum halben Preis warb. Natürlich wusste sie, wie albern es war, auf diese Glasfront und die Klebebuchstaben zu stieren, aber kleinbeigeben wollte sie auch nicht.
´Ich bin Antonio Marraciano´, stellte er sich vor und reichte ihr die Hand. Er hatte blondes Haar, blaue Augen, eine schlaksige Figur und sah keineswegs italienisch aus.
´Du bist Italiener?´, entfuhr es ihr interessiert, und weil ihr Papa sie zu Höflichkeit erzogen hatte, entgegnete sie automatisch:
´Ich bin Julia.´
´Nein´, grinste er spitzbübisch, ´ich bin kein Italiener, aber immerhin reagierst du jetzt´, sagte er siegessicher. Sie musste lachen.
´Ich bin Sascha´, nickte er und musterte sie unverfroren von oben bis unten.
´Reizend´, setzte er hinzu und fuhr sich erotisch einladend mit der Zunge über die Lippen.
Das gibt es doch nicht! Julia war schockiert über so viel Direktheit und - tatsächlich erregt. Wieder brüskierte sie sich innerlich, diesmal über ihre eigene Lust. Wann hatte sie das letzte Mal Sex gehabt? Sie überlegte lange. Zu lange, denn Sascha nahm ihre Hand, drehte die Innenflächen nach oben und küsste sie mit so sanften Lippen, die sie erschauern ließen.
´Schöne Hände´, murmelte er dabei und der sexy Flirt, den er mit seinen Augen betrieb, ließ ihr die Feuchtigkeit zwischen die Beine fahren. Oh mein Gott, dachte Julia, was tut er da!?
Sascha leckte mit der Zungenspitze über ihre Handinnenfläche, zog die Linien darin nach, gerade so sanft, dass sie nicht sicher war, ob er sie überhaupt berührte oder ob sie sich dies einbildete. Dann nahm er ihren Zeigefinger zwischen seine Lippen und saugte tief daran. Sie schrie vor Lust auf, um direkt in einen gekünstelten Hustenanfall zu verfallen.
Doch Sascha ließ ihre Hand nicht los und sie ließ ihn gewähren. In einem stummen Dialog verführte der fremde, zugegeben schöne Mann sie mit Lippen und Berührungen, die so anzüglich und sinnlich zugleich waren. Sie hatte ja schon viele Flirtgeschichten im Café erlebt, aber das hier war der heißeste Erotik Flirt, den sie jemals hatte, ohne dass viele Worte benutzt wurden.
Nach einer gefühlten Ewigkeit, in der Sascha nur seine Lippen auf ihrer Hand tanzen ließ, sie nahezu um den Verstand brachte, während er an all ihren Fingern saugte und sie pitschnass und völlig hektisch atmend wie festgeklebt auf ihrem Stuhl saß, Gedanken an Spontansex mit einem Fremden in ihrem Kopfkino abliefen und sie aufpassen musste, nicht zu stöhnen, zog er einen Stift aus seiner Hemdtasche, kritzelte eine Nummer auf ihre Kaffee-Serviette und flüsterte ihr im Weggehen ins Ohr:
´Ruf mich an, wenn du mehr willst!´
Von Julia